Patiencen

„Kartenspiele für einen Spieler werden Patiencen in Großbritannien und Solitaire in Amerika genannt. Die Website pagat.com beschäftigt sich hauptsächlich mit Spielen für mehr als einen Spieler.“ (John McLeod)

Die Entstehung und Entwicklung der Patiencen heute gibt die Begründung für diesen Satz.

Früher waren die Menschen nicht dümmer als heute, sie fühlten und dachten nur anders – auch beim Spielen. Ebenso wichtig wie das Spiel war das Geld, das man dabei gewinnen oder verlieren konnte. Ein Zitat von Giacomo Casanova: „Aber mir ist kaum je eine so riesengroße und unsinnige Dummheit unterlaufen wie diese Reise nach München [. . .]und vor allem meine unbegreifliche Albernheit, mich beim Pharaospiel betrügen zu lassen, . . .“

Casanova verlor in wenigen Tagen sein ganzes Vermögen und seine Juwelen und musste München fluchtartig verlassen. (Zitiert nach Günther G. Bauer: Mozart – Glück, Spiel und Leidenschaft, S.118. Wahrscheinlich hat sich auch Mozart beim Spiel finanziell ruiniert.) Wenn man sich das Pharaospiel ansieht, dann ist es als Spiel langweilig, es ist ein Bankspiel, bei dem man schnell gewinnen oder verlieren kann; und man konnte sein Geld sehr schnell verlieren!

Irgendein Unbekannter erfand um 1780 herum ein Wettspiel um Geld, bei dem man etwas mehr Geduld (Frz: Patience) als bei simplen Bankspielen haben musste. Der Spielwert wurde dadurch erhöht.

Patience

  • Anzahl der Spieler: beliebig viele
  • Spielziel: Durch Wetten auf den Spielausgang Geld gewinnen
  • Spielmaterial: Zwei Kartenspiele von je 52 Blatt
  • Spieler: Ein aktiver Spieler und ein Kontrolleur, der auf die Einhaltung der Regeln achtet, sowie beliebig viele Spieler, die nur zuschauen und auf den Ausgang der Patience wetten.

Die Auslage (das Tableau). Es werden beide Kartenspiele sorgfältig gemischt und es wird abgehoben. Danach beginnt der aktive Spieler einzeln Karten vom Stapel (Talon)  zu ziehen und bis zu 10 Karten einzeln offen aufzulegen; dabei kann er auf jede beliebige Karte jederzeit eine zweite Karte legen. D. h. also, er könnte drei Karten offen hinlegen und, wenn er es denn für günstig hielte, auf die erste, zweite oder dritte Karte eine zweite Karte legen; danach kann er die vierte Karte wieder offen hinlegen. Wird jetzt ein Ass gezogen, so wird es über die Auslage gelegt, wird ein König gezogen, so wird er unter die Auslage gelegt. Die Asse und Könige sind die Basis- oder Grundkarten; auf die Asse werden die Familien einer Farbe aufsteigend, auf die Könige die Familien einer Farbe absteigend aufgelegt.

Die Patience ist aufgegangen, wenn über der Auslage auf den vier Assen die vier Familien bis zum König hinauf und unter der Auslage auf die vier Könige die vier Familien bis zum Ass hinunter gelegt werden konnten.

In die Auslage können 10 Karten gelegt werden, auf die jeweils eine Karte gelegt werden darf. Hat der Spieler 20 Karten in die Auslage gelegt und kann die 21. Karte nicht auf einen der Ass – Stapel oder einen der Königs – Stapel legen, dann ist die Patience nicht aufgegangen.

(Die französischen Ausdrücke Patience, Tableau und Talon, die auch heute noch neben den deutschen Wörtern benutzt werden, bedeuten nicht, dass das Spiel aus Frankreich stammt. Man sprach zu der Zeit einfach Französisch, wenn man vornehm war oder sein wollte. Ähnlich ist es heute mit Englisch, denn es gibt keinen Winterschlussverkauf mehr, sondern „Sale“ – und Tankstellen haben nicht mehr geöffnet, sondern sind „open“.)

Beim Wetten sollte man berücksichtigen, dass im Durchschnitt auf zwei aufgegangene drei verlorene Patiencen kommen.

Man denke sich jetzt nur den einen aktiven Spieler, der alleine zu Hause sitzt und sich langweilt, dann kann er diese Patience allein, ohne Kontrolleur und ohne Wettende legen und gespannt sein, ob sie aufgeht oder nicht. Schaut man sich nun vor allem die fett gedruckten Ausdrücke an, dann sind alle Elemente einer richtigen Patience vorhanden, so wie man sie heute versteht, wenn man das Wort Patience benutzt.

Ohne Kontrolleur – das hat eine Folge. Der Spieler kann die Patience verändern, sich eine neue ausdenken und niemand redet ihm drein.

Das ist der Grund, weshalb es heute sehr viele Patiencen gibt; die Schätzungen gehen von 500 bis 1500, was sich dadurch erklärt, dass man eine Änderung als neue Patience oder als Variante einer alten Patience ansehen kann. Diese Vielzahl und die Tatsache, dass sich jeder selber eine Patience zurechtbasteln kann, ist der Grund, warum pagat.com sich nicht mit Patiencen beschäftigt. Es gibt sehr einfache, unterhaltsame aber auch sehr schwierige Patiencen – es ist also für jeden Geschmack etwas dabei.

Patiencen scheinen sich besonders gut als Computerprogramme zu eignen. Während man früher ein Patiencespiel im Flugzeug bekommen konnte, spielen heute viele Fluggäste auf ihren Computern, was den doppelten Vorteil hat, dass keine Karten durch die Gegend fliegen und dass man nicht mogeln kann. Wenn man nicht im Flugzeug sitzt, ist es Geschmacksache, ob man lieber am Computer oder mit richtigen Karten spielt.

Pagat.com hat Links zu Seiten, die sich mit Patiencen beschäftigen, es sind englische und deutsche Seiten darunter. Außerdem gibt es Extraseiten für

Notwendige Schlussbemerkung: In jedem Patiencebuch findet sich gegen Ende ein Kapitel „Zweierpatiencen“ oder „Patiencen für zwei oder mehr Spieler“. Das sind alles keine   Patiencen! Es sind normale Kartenspiele, denn es geht nicht darum, dass die Patience aufgeht – oder auch nicht – sondern es geht darum, dass ein Spieler gegen andere Spieler gewinnt. Pagat.com behandelt diese Spiele unter der Überschrift „Competitive Patience games“ – es ist mir nicht gelungen, diesen treffenden Ausdruck ins Deutsche zu übersetzen.

Verantwortlich für die englischsprachige Version dieser Webseite: John McLeod, john@pagat.com. Deutscher Beitrag von Günther Senst.
© John McLeod, 2014. Version aktualisiert am: 30. August 2014

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