Mediatore
Dank an Paolo Ronzoni, der einige Details dieser Regeln erläutert hat.
Das italienische Spiel Mediatore ist eine Variante des Tressette. Es handelt sich um ein Augenstichspiel ohne Trumpf mit dem gleichen Rang- und Kartenpunktsystem: Oberhalb der Bilder rangieren 3, 2, A; und ausser den Assen sind Bilder und hohe Karten einen Drittel Punkt wert.
Es wird zu viert gespielt. Unterschiede zu Tressette: Es gibt keine festen Parteien, stattdessen wird ein Spielmacher durch eine Bietrunde bestimmt. Der Hauptspieler kann alleine spielen oder einen Partner rufen. Des weiteren gibt es einen Talon, den der Spielmacher zur Verbesserung seiner Hand nutzen kann.
Spieler und Karten, Kartenpunkte
Mediatore wird mit den 40 Karten des in der jeweiligen Region üblichen Kartenbildes gespielt. Es gibt in vier Farben jeweils drei Bildkarten und numerische Karten von Ass bis 7.
Die Karten können französische oder lateinische (d.i. italienische oder spanische) Farben haben. Lateinische Farben und ihre Entsprechungen in französischen Farben, hier am Beispiel der Asse des italienischfarbigen Bresciane-Bildes:
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Denari Münzen |
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Spade Schwerter |
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Coppe Kelche |
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Bastoni Stäbe |
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Die Asse lateinischer Bilder aus Italien sind häufig etwas farblos und haben einen runden ursprünglich leeren Kreis, der dazu diente den Spielkartensteuerstempel aufzunehmen. (Die Spielkartensteuer wurde Mitte der 1970er Jahre abgeschafft.)
Der Dame des französischen Bildes entspricht im italienischen Bild eine Reiterfigur, das «Pferd».
Rang und Wert der Karten, am Beispiel der Münzfarbe (absteigend von links nach rechts, dann oben nach unten):
| 3 | 2 | Asso | ||
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| ⅓ | ⅓ | 1 |
Cricce (Hohe) |
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Re König |
Cavallo Pferd |
Fante Bube |
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| ⅓ | ⅓ | ⅓ | ||
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Figure Bilder |
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| 7 | 6 | 5 | 4 | |
| 0 | 0 | 0 | 0 | |
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Scartine Luschen |
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Die Rangstufen werden ihrem Wert und ihrer Rolle nach wie angegeben gruppiert. Die drei höchsten Ränge, cricce, heissen in der Einzahl cricca, was soviel bedeutet wie «Bande», «Clique», «Sippschaft».
Zusätzlich zu den Karten zählt der letzte Stich 1 Punkt.
Insgesamt kommt man auf 11⅔ Kartenpunkte. Allerdings fallen Drittel-Bruchteile in der Zählung weg, so dass es effektiv nur 11 Kartenpunkte zu verteilen gibt.
Geben
Spielrichtung ist gegen den Uhrzeigersinn.
Geben. Der erste Geber mischt, lässt links abheben und gibt dann rechtsherum jedem 3×3 = 9 Karten. Die übrig gebliebenen vier Karten legt der Geber verdeckt als Stapel (Talon, ital. monte) in die Mitte. Nach dem Spiel ist der Spieler rechts neuer Geber.
Auktion
Bieten. Jetzt wird der Spielmacher bestimmt. Der Spieler rechts vom Geber beginnt. Wer ein Gebot machen will, nennt eine Spielart. Ein Gebot muss höher sein, als ein vorheriges. Wer kein Gebot machen will, passt.
Passen. In der ersten Bietrunde, wenn noch niemand ein Gebot gemacht hat, passt ein Spieler indem er «passo» (passe!) sagt. Wurde schon ein Gebot gemacht, wird mit «sta bene» (gut!) gepasst. Solange die Bietrunde offen ist, kann ein Spieler, der schon gepasst hat, wieder mitbieten.
Haben in der ersten Runde alle vier gepasst, werden die Karten zusammengeworfen und der nächste Geber gibt. Wenn nach einem Gebot die drei nächsten Spieler passen, ist der letzte Bieter der Spielmacher.
Spielarten
Monte. In einigen Spielarten kann der Spielmacher den Talon in die Hand aufnehmen und vier beliebige Karten drücken. Die gedrückten Karten oder der nicht getauschte Talon müssen von den Stichkarten getrennt gehalten werden, denn sie stehen am Ende dem Gewinner des letzten Stiches zu.
Die Spielarten in aufsteigender Ordnung:
Chiamo (ich rufe!). Der Spielmacher ruft eine bestimmte Karte (typischerweise eine 3). Wer die gerufene Karte hält, ist Partner des Spielmachers, darf das aber nicht sagen, sondern es muss sich im Spiel herausstellen. Der Spielmacher nimmt dann den Talon in die Hand auf ohne ihn den anderen Spielern zu zeigen und drückt vier beliebige Karten. Es kann passieren, dass die gerufene Karte im Talon war. In diesem Fall spielt der Spielmacher allein gegen drei (ein «unbeabsichtigtes Solo»).
In den anderen Spielarten spielt der Spielmacher von vornherein allein gegen drei.
Mediatore. Wieder nennt der Spielmacher ein Karte, diesmal gibt sie ihm der Halter der Karte. Danach nimmt der Alleinspieler den Talon auf und zeigt die Karten den anderen Spielern, dann drückt vier Karten seiner Wahl und gibt dem Spieler, der die Rufkarte gegeben hat, verdeckt eine Karte. Sollte kein Spieler die gerufene Karte halten, gibt es keinen Kartentausch mit einem Spieler.
Solo. Der Alleinspieler ruft nichts und tauscht mit keinem Mitspieler, sondern nutzt nur den Talon wie bei Mediatore.
Solissimo. Der Alleinspieler tauscht nicht mit einem Mitspieler und nutzt auch nicht den Talon, darf ihn sich aber ansehen ohne ihn den anderen zu zeigen.
Arcisolissimo. Wie Solo, nur darf niemand den Talon vor Spielende ansehen, auch der Alleinspieler nicht.
Abspiel
Der Spieler rechts vom Geber spielt zum ersten Stich an. Jeder legt der Reihe nach eine Karte dazu. Farbe muss bedient werden, wer’s nicht kann, spielt eine beliebige Karte. Die höchste Karte der angespielten Farbe gewinnt den Stich. Es gibt keinen Trumpf. Der Stichgewinner spielt zum nächsten Stich an.
Meldungen von Kartenkombinationen, wie im Tressette, gibt es nicht.
Signale
In der Regel werden folgende drei Signale erlaubt, die allerdings nur von dem Spieler angesagt werden können, der die erste Karte zum Stich spielt.
Busso, «Ich klopfe!», bedeutet dem Partner: Spiel deine höchste Karte in dieser Farbe und setz die Farbe fort, falls du den Stich gewinnst. Statt das anzusagen kann man auch mit der Faust auf den Tisch klopfen.
Volo, «Ich fliege!» (oder piombo, «Ich falle!»), heisst: Das ist meine letzte Karte in dieser Farbe. Man kann auch die gespielte Karte auf den Tisch fallen lassen.
Striscio, «Ich krieche!» (oder liscio, «Ich streichle!»), bedeutet: Ich hab noch eine oder zwei niedrige Karten (Bilder oder Luschen) dieser Farbe. Statt das anzusagen, kann man die Karte auf den Tisch gleiten lassen.
Nicht alle Spielrunden lassen das Signal striscio zu.
Wertung
Wer den letzten Stich macht, gewinnt den Talon. Die Karten beider Parteien werden dann gezählt, Drittelbruchteile fallen weg und die Seite, die 6 oder mehr Kartenpunkte hat, gewinnt. Die Verlierer zahlen den Gewinnern einen bestimmten Betrag oder man schreibt die Bilanz für mehrere Spiele auf. Der Wert des Spiels richtet sich nach der Spielart.
Chiamo. Falls der Rufer und sein Partner gewinnen, zahlen die Gegenspieler je 4 Einheiten, der Rufer erhält 5, sein gerufener Partner 3 Einheiten. Hat der Rufer allein gepielt und gewonnen, dann zahlt jeder Gegenspieler 4 Einheiten, der Rufer gewinnt 12 Einheiten. Verliert die Partei des Spielmachers, sind die Zahlungen umgekehrt.
Mediatore. Der Spieler, der die gerufene Karte gegeben hat, zahlt oder erhält 6 Einheiten, die anderen 8. Der Alleinspieler erhält oder zahlt also 22 oder 24 Einheiten.
Solo. Die Gegenspieler zahlen oder bekommen 12 Einheiten (Alleinspieler 36).
Solissimo. Die Gegenspieler zahlen oder erhalten 16 Einheiten, Alleinspieler 48.
Arcisolissimo. Die Gegenspieler zahlen oder bekommen 18 Einheiten, Alleinspieler 54.
Erhöhte Wertungen gibt es bei folgenden Spielereignissen:
Cappotto (Durchmarsch). Macht eine Partei alle Stiche, dann erhöht sich der Wert der Spielart um 2 Einheiten pro Gegenspieler und im Chiamo auch für Rufer und Partner. Hat z.B. der Alleinspieler ein Mediatore cappotto gewonnen, bekommt er 8 Einheiten vom Rufkartenhalter und 10 von anderen beiden Spielern (28 Einheiten insgesamt); oder im Chiamo: Rufer 7, Partner 5, Gegenspieler 6.
Varianten
Spielarten
Chiamo. Der Rufer spielt nach den Regeln oben mit Partner und kann dazu den Talon tauschen, was diese Spielart ziemlich einfach macht. Einige Spielrunden erschweren daher das Rufspiel.
Manche erlauben keine Aufnahme des Talons, dieser bleibt bis zum Schluss liegen, ohne dass ihn jemand angucken darf. Daher kann es bis zum Ende des Spiels dauern, bis die Spieler wissen ob der Spielmacher allein oder mit Partner spielt.
Andere spielen, dass der Talon immer allen gezeigt wird, so dass von Anfang an bekannt ist, ob die Rufkarte im Talon liegt.
Es wird manchmal die Rufkarte eingeschränkt. Zum Bsp. dürfen nur 3er gerufen werden oder nur 3er und 2er, oder alle Karten, nur keine Asse.
Monte. In manchen Spielerkreisen zeigt der Spielmacher den Mitspielern den Talon nie, auch nicht in Mediatore oder Solo.
Solissimo. Manche verzichten auf die Unterscheidung Solissimo/Arcisolissimo: Solissimo nach Solo bedeutet, der Alleinspieler spielt ohne Monte und darf die Karten nicht ansehen.
Anspiel. Es wird manchmal gespielt, dass in den Spielen ohne Talonaufnahme (Solissimo oder Arcisolissimo) der Alleinspieler zum ersten Stich anspielt. Wieder andere spielen, dass der Spielmacher immer die erste Karte spielt.
Wertung
Es gibt verschiedene Wertungssysteme. Bekannt geworden ist folgendes System:
Chiamo. Gegenspieler zahlen/gewinnen 2 Einheiten, Partner 1, Rufer 3.
Mediatore. Spieler mit der Tauschkarte 3, andere Gegenspieler 4 (Alleinspieler 11 oder 12).
Solo. Gegenspieler 6 (Alleinspieler 18).
Solissimo. Gegenspieler 8 (Alleinspieler 24). Kein Arcisolissimo.
Anderes Signalsystem
Einige Spielrunden verwenden ein anderes Signalsystem, als oben angegeben. Alle Singale sind Ansagen des Anspielenden.
Busso bedeutet hier: Ich halte die höchste nichtgespielte Karte der Farbe, die ich grad spiele.
Ribusso heisst: Ich halte die zweithöchste ungespielte Karte in der gespielten Farbe.
Cerco la/le meglio, «Ich suche die Beste!», heisst: Ich suche die beste ungespielte Karte dieser Farbe. Das bedeutet, dass der Partner diese Karte spielen soll, wenn er sie hält.
Tutto fuori, sinngemäss: «Habe alles ausser die Hohen!», bedeutet: Ich habe viele Karten dieser Farbe, jedoch keine Cricce.
Die Ansagen können kombiniert werden. Zum Beispiel könnte der Anspielende anfangs des Spiels eine niedrige Karte spielen und sagen «Busso e cerco la meglio», was bedeutet, er hält die 3 der angespielten Farbe und sucht die 2. Der Partner wird schliessen, dass der Ansagende entweder 3 und A der angespielten Farbe hält oder 3 und eine lange Farbe.
Es wird normalerweise kein Bluff bei den Ansagen busso und ribusso erlaubt, wohl aber bei tutto fuori. Ein Bluff könnte allerdings den Partner mehr verwirren, als die Gegenspieler.
Ganz allgemein gilt für Spiele, bei denen derartige Signale erlaubt sind, dass man von ihnen sparsamen Gebrauch machen sollte. Gute Spieler können die Kartenlage sowieso weitgehend aus dem Spielverlauf erschliessen, und man hilft ggf. den Gegenspielern mehr, als dem Partner.
Quellen
Literatur
Dossena, Giampaolo, 1984, Giochi di carte italiani, Mailand, Arnoldo Mondadori Editore.
Kartenbilder
Bresciane: «ZZandro», 2020, «Brescia deck», Wikimedia Commons. Lizenz: CC BY-SA 4.0.
Französischfarbige Asse: David Bellot, 2005, «SVG playing cards 4», Wikimedia Commons. Lizenz: LGPL.