Sizilianisches Tarock

Kulturgeschichte

Wenn man sagt, dass jemand eine kulturelle Praxis entdeckt hat, heisst das nicht, dass vorher niemand davon wusste. Die, die sie ausüben, wissen natürlich davon. Gemeint ist, dass jemand der Welt in wissenschaftlicher Weise, d.h. belegt und für jeden nachprüfbar, diese Praxis beschreibt. In diesem Sinne ist Michael Dummett (1925–2011) der Entdecker des sizilianischen Tarock. Vor Dummetts Erstbeschreibung des Spiels (1974) waren weder die Karten, noch die Regeln des sizilianischen Tarock ausserhalb der Insel bekannt. Seither hat sich der Kenntnisstand über das Spiel ständig erweitert und konnte Ende 2019 in einer grossen Ausstellung im Museo Civico di Castello Ursino von Catania präsentiert werden (Museo 2019; damit sind Dummett 1980 und Dummett/McLeod z.T. überholt).

In deutscher Sprache wurde zum Spiel und seiner Kulturgeschichte bis heute unseres Wissens nichts geschrieben (zum Bsp. findet sich nichts in Mayr/Sedlaczek), so dass das Folgende die deutsche Erstbeschreibung der Kulturgeschichte des sizilianischen Tarock sein dürfte.

Auf einer eigenen Seite werden die Regeln des Spiels erklärt.

Geschichte

Das Tarockspiel wurde um 1430 in Mittelitalien (Ferrara oder Florenz) erfunden, indem den gängigen normalen Farbkarten eine Reihe von Carte di Trifoni (Triumph- also Trumpfkarten) hinzugefügt wurden. Das Spiel breitete sich schnell in alle Himmelsrichtungen aus, wobei sich unterschiedliche Spielweisen entwickelten. Nach Sizilien kam das Tarock vermutlich über Rom. In Rom und Florenz spielte man sowohl mit dem bekannten 78-Kartenblatt (56 Farbkarten, 21 Trumpfkarten, 1 Narr, genannt Matto), als auch mit einer auf 40 Karten erweiterten Trumpfreihe, insgesamt 97 Karten, das Minchiate. Die Regeln des Minchiate sind in der Kartenspielliteratur vergleichsweise gut vertreten, nicht zuletzt durch die deutschsprachigen Regeln des Minchiatta-Spiels (Walthersche Buchhandlung, Dresden, 1798). Vom Spiel mit 78 Karten in Rom oder Florenz ist dagegen nichts bekannt.

Über die Ankunft des Spiels auf Sizilien wissen wir vergleichsweise gut bescheid, dank der Aufzeichnungen von Francesco Maria Emanuele e Gaetani, Marchese di Villabiancha (1720–1802), der sich in der zweiten Lebenshälfte damit beschäftigte, die verfügbaren Informationen über alle Aspekte des Lebens auf Sizilien zu sammeln. Ein Band seiner handschriftlichen Aufzeichnungen ist den Spielen gewidmet, und hier finden sich die Angaben zum Tarock (Opusculi, tomo XVIII, opusc. 2, sec. 2, p. 31, 31–100, Signatur QQ E94 in der Biblioteca Communale di Palermo; nach Dummett 1980).

In Sizilien nannte man Minchiate Gallerini, da «Minchiate» auf Sizilien einen obszönen Beiklang besass. Nach Villabianca wurden Gallerini und Tarocchi von Francesco Gaetani, dem Grafen von Sermoneta im Jahr 1663 auf Sizilien eingeführt. Zur Zeit als Villabianca seine Aufzeichnungen machte, vermutlich um 1790, war Gallerini praktisch ausgestorben und das Tarock wurde meistens zu dritt gespielt, wobei von den 78 Karten 15 entfernt wurden. Das ergibt also die 63 Karten mit des sizilianische Tarockbildes (ohne das Münz-Ass, s.u.).

Im 18. und 19. Jahrhundert erfreute sich das Tarock auf Sizilien offenbar grosser Beliebtheit, vor allem in Adelskreisen, jedenfalls gab es sowohl im Osten der Insel (Catania und Acireale) als auch in Palermo etliche Hersteller. In den 1830er-Jahren gingen die Hersteller zum heutigen sizilianische Tarockbild über. Nach der Entstehung des italienischen Staates führte dieser 1862 eine Spielkartensteuer ein und bestimmte, dass der Steuerstempel auf dem Münz-Ass zu sein hatte. Da das sizilianische Tarockbild zu diesem Zeitpunkt aber nur 63 Karten ohne Asse hatte, fügte man kurzerhand das Ass aus dem normalen sizilianischen Bild hinzu. Und dabei blieb es auch nach Abschaffung der Steuer 1975. So kommt es, dass das sizilianische Tarock heute 64 Karten hat, die inzwischen sogar in einigen Spielorten verwendet werden (Barcellona di Pozzi).

Im Laufe des 20. Jahrhunderts geriet das Spiel dann fast überall auf Sizilien in Vergessenheit. Während man in Barcellona di Pozzi das Spiel um 1910 noch von Spielern aus Palermo gelernt hat, war es anfangs des 21. Jh. in der Inselhauptstadt nicht mehr bekannt.

Es dürfte der Druckerei Concetta Campione in Catania zu verdanken sein, dass die Welt vom sizilianischen Tarock erfahren hat. Die Firma wurde 1882 als Spielkartenhersteller gegründet (normales sizilianisches Bild und sizilianisches Tarock). Mit dem Niedergang des Tarock wurden auch die Hersteller des sizilianischen Tarockbildes immer weniger und nach 1928 blieb C. Campione der einzige Hersteller dieser Karten. Nach dem 2. Weltkrieg wurde allerdings die Spielkartenproduktion immer weniger rentabel, man verlegte sich auf andere Produkte (u.a. Einwickelpapier für Orangen), und beendete die Spielkartenproduktion Anfang der 1970er Jahre. – Dies auch, weil im Jahr 1966 der Spielkartenhersteller Modiano (Triest) ein nach dem Vorbild von Campione gestaltetes Tarocco siciliano herausbrachte. Modiano nahm das Spiel in seinen Katalog auf und damit erlangte es die Aufmerksamkeit der Spielkartensammler, unter anderem der Mitglieder der International Playing Card Society (IPCS), 1971 gegründet auf Initiative von Michael Dummett und Sylvia Mann. Da Michael Dummett gerade Nachforschungen für seine Tarock-Monographie (1980) anstellte und ansonsten keinerlei Informationen zum sizilianischen Tarock finden konnte, beschloss er, auf die Insel zu reisen und diese per Feldforschung zu sammeln (Dummett 1974). – Ohne die Überbrückung der Produktionsdurststrecke von 1928 bis 1966 durch C. Campione wäre das Wissen um das sizilianische Tarock vermutlich verloren gegangen. Die Firma C. Campione gibt es übrigens immer noch, sie lebt von kleinen Druckaufträgen. Auch die alten Druckmaschinen stehen noch da, sie werden aber nicht mehr verwendet.

Wie steht es in der zweiten Dekade des 21. Jh. um das sizilianische Tarock? Dank des Engagements von Salvatore Bonaccorsi und der Associazione Culturale Gioco Tarocchi Siciliani «Michael Dummett», gegründet 2010, hat sich die Zahl der Spielorte von vier am Anfang des 21. Jahrhunderts laufend vergrössert. Es werden regelmässig Spielabende, Turniere und Schulungen veranstaltet. Seit 2014 ist das Spiel offiziell sizilianisches Kulturerbe, und 2019 wurde es umfassend in einer grossen Ausstellung im Museo Civico im Schloss Ursino von Catania präsentiert. Dass sizilianische Tarock ist im Jahr 2020 in und ausserhalb von Sizilien bekannter als viele Jahrzehnte vorher. Und dank des Internet sind die Spielkarten ohne weiteres weltweit verfügbar.

Das sizilianische Tarockbild

Das sizilianische Tarockbild weist einige Eigentümlichkeiten gegenüber den sonstigen Tarockkarten mit italienischem Bild auf, gehört aber erkennbar in diese Gruppe. Ein Tarockbild setzt sich aus zwei Bestandteilen zusammen: einem Satz Standardspielkarten und einer besonderen Reihe von «Triumphkarten».

Standardspielkarten

Im Tarock gibt es, wie bei sonstigen Karten, vier Farben. Beim Tarock finden wir nur das französische und das lateinische Farbsystem. Von diesen ist das lateinische das ursprüngliche und geht auf die Einführung der Spielkarten um 1370 in Italien zurück. Das lateinische Farbsystem kennt die «langen» Symbole (Farben) Schwerter und Stäbe und die «runden» Münzen und Kelche. Beim lateinischen System werden wiederum drei Untergruppen unterschieden: das italienische Bild, das spanische Bild und das portugiesische Bild, wobei die Länderangaben eher zufällig sind. Der charakteristische Unterschied liegt in den langen Farben. Beim italienischen Bild sind die Schwerter gekrümmt und beide, Schwerter und Stäbe, bilden auf den Zahlenkarten eine Art Gittermuster. Beim spanischen Bild sind aus den Stäben kurze Keulen geworden, die Schwerter sind kurz und gerade, eher Dolche, und die Symbole liegen in beiden Farben sauber nebeneinander. Das portugiesische Bild stellt eine Art Mischform dar: statt Stäben gibt es lange gerade Keulen, die Schwerter sind lang und gerade, aber die Symbole bilden wieder ein Gittermuster.

Zum Vergleich: Die 7 der Stäbe oben, Schwerter unten; von links nach rechts mit italienischem Bild (Trevigiane von Modiano), spanischem Bild (Siciliane von Modiano), portugiesischem Bild (Andrea Infirrera) und sizilianisches Tarock (Concetta Campione).


Wie zu erkennen ist, gehört das sizilianische Tarock dem Farbsystem nach zum portugiesischen Bild. Darauf weisen auch weitere Merkmale hin. Bei normalen Spielkarten, gibt es pro Farbe drei Bilder, im italienischen und spanischen System: König, Reiter und Bube, im portugiesischen System aber eine Frau statt des Buben. Im Tarock gibt es immer vier Bilder, zwischen König und Reiter kommt eine Königin hinzu. Im sizilianischen Tarock gibt es deswegen zwei Frauenfiguren in jeder Farbe: die Königin und die Donna. Ebenfalls charakteristisch ist das Schildchen mit Rang und Farbe auf den Karten. Da das portugiesische Bild ansonsten zuletzt im 19. Jh. in Portugal verwendet wurde, ist das sizilianische Tarockbild das letzte Bild mit portugiesischem System, das noch traditionell verwendet wird.

Es gibt jedoch Merkmale, die sich vom klassischen portugiesischen Bild unterscheiden. Im originalen portugiesischen Bild müssen sich die Donne der langen Farben mit ihren Waffen gegen Bestien wehren. Im sizilianischen Tarock tragen sie die Waffen geschultert und es sind keine Bestien mehr zu sehen. Bilder links: A. Infirrera, rechts: C. Campione.


Die Asse des portugiesischen Bildes zeigen in allen Farben Lindwürmer (schlangenartige Drachen), das Münz-Ass des sizilianischen Tarock nichts dergleichen. Das liegt daran, dass das Münz-Ass eine Übernahme aus den sizilianischen Normalkarten aus Steuergründen war (s.o.) und dieses Normalbild dem spanischen und nicht dem portugiesischen System zugehört. Um 1860 gab es keine Erinnerung an den Ursprung der sizilianischen Tarockkarten mehr. Links: A. Infirrera, rechts: C. Campione.

Die Trumpfkartenreihe

Neben den Standardkarten gibt es, wie in den anderen Tarocktraditionen, 22 besondere Karten, die ursprünglich trifoni, also Triumphkarten hiessen. Wie in allen Tarockbildern gibt es die Figur des Narren, in Italien ursprünglich Matto, auf Sizilien allerdings Fuggitivo (Flüchtling) genannt. Die Rolle im Spiel auf Sizilien entspricht ursprünglichen Rolle als eine Art Joker (im Gegensatz zum österreichischen Tarock, wo der Narr, Sküs genannt, der höchste Trumpf ist), also derjenigen auf der italienischen Halbinsel, im französischen Tarock, dem deutschen Grosstarock, welches bis heute einen Ableger in Dänemark hat, oder dem Tübinger Studententarock. Im Bild links: C. Campione, rechts: Lombardisches Tarock von Angelo Valla.

Der Matto bzw. Fuggitivo steht wegen seiner Sonderrolle noch ausserhalb der eigentlichen Trumpfreihe. Diese beginnt mit einer Karte die es ein keinem anderen Tarockbild gibt, der unnumerierten Miseria, die im alten Bild Poverta (Armut) hiess. Bild links: Tuzzolino, Sizilien, 18. Jh.; rechts: C. Campione.

Die meisten weiteren Motive der Trumpfkarten findet man auf den italienischfarbigen Tarockkarten, z.B. dem Marseiller Tarock, ebenfalls, z.T. in anderer Anordnung und mehr oder weniger variierten Details. Das Marseiller Tarock bildet die Grundlage der modernen norditalienischen Tarocke (Lombardei, Piemont), daher haben frühen Karten des lombardischen Bildes französische Aufschriften. Das Marseiller Tarock seinerseits wiederum auf ausgestorbene norditalienische Tarocke zurück.

Die 1, Piciotti, entsprechen deutlich dem Begatto (Pagat) des italienischen Tarockbildes; 2, Kaiserin, und 3, Kaiser, findet man auch sonst unter den vier auf den Pagat folgenden Trifoni. Die Frau mit Brustschild und Speer mit Wimpel auf der 4, die auf dem älteren sizilianischen Bild die Aufschrift Costanza (Beständigkeit) trägt, findet man sonst nicht, dafür fehlen im sizilianischen Bild Papst und Päpstin, was wiederum nicht ungewöhnlich ist, denn diese Bilder wurden oft durch andere ersetzt. Im Bild oben: C. Campione; unten: A. Valla.


Die Bildmotive der Nummern 5 bis 13 findet man in etwas anderer Reihenfolge und mit Variationen in den italienischen Tarocken, wobei es diverse Reihungen gibt (Depaulis, S. 25). Hier wieder der Vergleich mit dem lombardischen Tarock (Nr. in Klammern): 5 (14) Mässigung, 6 (11) Kraft, 7 (8) Gerechtigkeit, 8 (6) Liebe, 9 (7) Streitwagen, 10 (10) Glücksrad, 11 (12) der Gehenkte, 12 (9) Vergänglichkeit bzw. Alter, 13 (13) Tod.



Ungewöhnlich ist, dass die 14 statt des Teufels (15) ein Schiff zeigt, wie man es im Minchiate auf der 21 findet, und dass der Turm auf der 15 (16) nicht wie sonst Blitze und allerlei Zeichen von Zerstörung und Unglück zeigt. Villabianca erläutert, dass diese Karten in seiner Jugend in der Tat derartiges zeigten, dies den Spielern aber nicht gefallen habe und daher Rosalia Caccamo, Duchessa Massa, auf eigene Kosten die Ersetzung der Bilder beauftragt hat, was um 1750 geschehen sein muss.


Die nächsten Trümpfe entsprechen dem Motiv nach wieder den üblichen, allerdings mit deutlichen Unterschieden in der bildlichen Darstellung: 16 (17) Stern, 17 (18) Mond, 18 (19) Sonne, 19 (21) Welt, hier klassizistisch interpretiert als Atlas der die Weltkugel trägt.


Merkwürdig ist die 20, Jupiter, der auf einem Thron sitzt und seinen Adler neben sich hat, was keinerlei visuelle Ähnlichkeit dem dem Angelo des italienischen Tarock hat, wo der Erzengel Gabriel mit ausgebreiteten Flügeln in den Wolken schwebt und auf einer Trompete zum jüngsten Gericht bläst. Das Rätsel löst sich auf, wenn man das ältere sizilianische Bild betrachtet, wo Jupiter auf seinem Adler sitzt, der mit ausgebreiteten Schwingen über einer Stadt fliegt, was deutlich als klassizistische Variation des Bildmotivs erkennbar ist. Von links nach rechts: Le Jugement (in Italien aber meist Angelo genannt; A. Valla), älteres sizilianisches Tarock (Tuzzolino), neueres sizilianisches Tarock (C. Campione).

Die frühe Spielweise

Leider gibt Villabianca nur vergleichsweise wenige Hinweise auf die Spielweise seiner Zeit. Durch Vergleich seiner Angaben mit der Terminologie der heutigen Spiele lassen sich aber folgende Angaben machen.

Das Spiel zu viert wurde mit dem vollen Blatt von 78 Karten gespielt, welches bei drei Spielern auf 63 nach der bis heute üblichen Weise verkürzt wurde. Es gab wohl auch ein Spiel zu zweit mit 63 Karten. Zu viert wurde entweder mit zwei festen Parteien gespielt oder ein Rufspiel mit wechselnden Partnern.

Die Spieler einigten sich darauf, welche Wertungselemente, Patti, es geben soll, wobei Villabianca sagt, dass er einige vergessen habe. Unklar ist die Bedeutung von Villabiancas Ausdruck «scomessa», Wette. In Mineo heute bezieht sich das nur auf den Gewinn der drei Decine nach Ansage. Es ist wahrscheinlich, dass es zu Villabiancas Zeit ganz allgemein eine Ansage von Wertungen gemeint hat, die evtl. ohne Ansage einen geringeren Wert hatten.

  • Vanto, Rivanto und Archirivanto, die ersten beiden bedeuten vermutlich die Prämie für den letzten Stich und deren Steigerung, wie in Mineo, eventuell aber nur nach Ansage bezahlt. Archrivanto könnte eine Art Rekontra der Vantoansager gegen ein Rivanto gewesen sein.

  • Scommessa di vanti, rivanti bzw. arcirivanti. Die Ansage den letzten Stich machen zu wollen und deren Steigerung. Überschneidet sich mit dem vorigen Punkt.

  • Vanto coll’arie. Möglicherweise eine Prämie für den letzten Stich, wenn mit einer Arie gemacht. Ob der Giove dazugehört oder nicht (wie Dummett/McLeod meinen), geht aus der Quelle nicht hervor.

  • Vanto colla scomessa. Je nach Interpretation von «scomessa»: Ansage von Vanto; Prämie und Wette auf das Heimbringen der drei Zehnerkarten (wie Mineo); oder sogar: Wette darauf, alle Diecine heimzubringen und mit einer den letzten Stich zu machen, was auf Giove oder Picciotti hinausläuft, da der Fuggitivo keinen Stich machen kann. «Caccia al Bagattello» (Pagatfang) und «fare all’ultimo» (den letzten Stich machen) waren in Italien seit ca. 1560 bekannte Wertungselemente (Caldwell/Depaulis/Ponzi, S. 68, Anm. 28).

  • Vanto colla carta designata. Das wäre dann den letzten Stich mit einer (beliebigen?) angesagten Karte machen.

  • Andarvi solo. Allein gegen die anderen Spielen.

  • Fare tutti le Arie. Alle Arie (16 bis 19) gewinnen, wie in Mineo, eventuell allerdings mit Ansage.

  • Scommettere per il quattro Re. Darauf wetten alle vier Könige zu gewinnen.

  • Virzicoli. Das Wort ähnelt sehr den Ausdrücken «versicoli» im Minchiate für bestimmte Trumpfsequenzen (Dummett/McLeod, Kap. 12), «brizigole» im Tarot de l’abbé de Marolles (Frankreich 1637) für die höchsten bzw. niedrigsten 4 bis 6 Trümpfe (Dummett/McLeod, Kap. 2), «brezigola», «Barsìgôla», «piccola bazzicia» (alle 4 Bildkarten einer Farbe) und «bergigole» (?) in italienischen Tarock um 1560 (Caldwell/Depaulis/Ponzi, S. 31, Anm. 7 und S. 67, Anm. 27). In allen Fällen bezeichnet es Prämien für bestimmte Kartenkombinationen die entweder auf der Hand gehalten (Frankreich) bzw. sowohl auf der Hand, wie in Stichen gewonnen werden (Italien, Minchiate). Es ist daher wahrscheinlich, dass derartige Kombinationen im frühen sizilianischen Tarock ebenfalls existiert haben.

Quellen

Literatur

Spielregeln findet man auf Italienisch in Bonaccorsi oder Dummett (2002), auf Englisch in Dummett/McLeod. Die Kommunikation während des Spieles wird von Hachette erläutert. Der aktuelle Stand des Wissens über den kulturgeschichtlichen Hintergrund des Spiels wurde 2019 im Museo Civico di Castello Ursino präsentiert.

Associazione Culturale Gioco Tarocchi Siciliani «Michael Dummett»
Catania. https://giocotarocchisiciliani.jimdofree.com/ (aufgerufen 23.02.2020).
Bonaccorsi, Salvatore (2018)
I Tarocchi Siciliani di Mineo: Piccolo manuale con esempi e cenni di strategia di gioco. Catania, 4. Aufl. Druck: Concetta Campione.
Caldwell, Ross Sinclair; Depaulis, Thierry; Ponzi, Marco (2018)
Con gli occi et con l’intelletto: Explaining the Tarot in the Sixteenth Century Italy. Druck und Vertrieb: Lulu.com. Neu herausgegebene Ausgabe zweier italienischer Tarocktraktate aus dem 16. Jahrhundert, mit englischer Übersetzung und Kommentar.
Depaulis, Thierry (2013)
Le Tarot révélé: Une histoire du tarot d’après les documents. Schweizer Spielmuseum, La Tour-de-Peilz. Aktueller Stand der Forschung zu den Tarock-Spielkarten.
Dummett, Michael (1974)
Sicilian Tarocchi. In: Journal of the International Playing Card Society, Vol. III, No. 1: 29–48. Erstbeschreibung des sizilianischen Tarock.
Dummett, Michael (1980)
The Game of Tarot. Duckworth, London.
Dummett, Michael (2002)
I Tarocchi Siciliani. Il Melangolo, Genua.
Dummett, Michael; McLeod, John (2004)
A History of Games Played with the Tarot Pack. Edwin Mellen, Lewiston, Queenstown, Lampeter. Insbes. Bd. 1, Kap. 14, Sicilian Tarocchi.
Hachette Fascicoli, Verlag (2014)
Carte da gioco e da collezione: Tarocco siciliano. Heft 19 der Serie, Mailand.
International Playing Card Society
Pattern Sheets. https://www.i-p-c-s.org/wp/pattern-sheets/ (aufgerufen 23.02.2020). Ausführliche Informationen zu Kartenbildern.
Mayr, Wolfgang; Sedlaczek, Robert (2015)
Kulturgeschichte des Tarock. Edition Atelier, Wien.
Museo Civico di Castello Ursino, Catania, Hg. (2019)
Il Mondo in Mano: Sei Secoli di Tarocchi e Carte da Gioco in Sicilia. Operaincerta Editore, Ragusa. Katalog zur Ausstellung vom 21. September 2019 bis 6. Januar 2020. Italienisch mit englischen Zusammenfassungen.

Spielkartenbilder

Abkürzungen der Archive

BNF
Bibliothèque Nationale de France, Sammlung Gallica, Paris (aufgerufen 24.02.2020).
WWPCM
Alexander Sukhorukov, World Web Playing Card Museum (aufgerufen 23.02.2020).

Katalognummern

  • Sizilianisches Tarockbild, Modiano, Triest, seit 1966: WWPCM 05236.
  • Sizilianisches Tarockbild, Concetta Campione, Catania, 1911 bis 1975: WWPCM 05239.
  • Sizilianisches Tarockbild (ältere Form), Tuzzolino, Sizilien, 18. Jh.: WWPCM 05238.
  • Lombardisches (Marseiller) Tarock, Angelo Valla, Triest, 1790: WWPCM 06452.
  • Sizilianisches Standardbild, Siciliane (span. Farbsystem), versch. ital. Hersteller, aktuell: WWPCM 04972.
  • Venezianisches Bild, Trevigiane (ital. Farbsystem), versch. ital. Hersteller, aktuell: WWPCM 01780.
  • Portugiesisches Bild, Andrea Infirrera, Malta, 1693: BNF ark:/12148/btv1b10522267q.
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© Ulf Martin 2020. Version aktualisiert am: 28. März 2020

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